Erstbegehung – Koidl Cuvée am Untersberg

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Diesen Herbst gelang es Felix und, mir eine neue Linie in der Dopplerwand am Untersberg bei Salzburg zu realisieren. Freunde von uns bewiesen schon vor einigen Jahren ein Auge für gute Linien und begannen höchst motiviert, einen Teil der ersten Länge dieser Tour zu eröffnen. Das Wetter, ein eingerissener Zehennagel, oder eben einfach nur die Banalität des Lebens kam dazwischen und so blieb es vorerst bei den ersten paar Haken. Die Linie blieb somit einige Zeit unberührt, der Reiz blieb jedoch bestehen. Nach einiger Fototüftelei und einigem Rumgerate, wurde mal eine Wunschlinie am Foto festgehalten. Diese zog ohne Ausflüchte quer über den kompakten Plattenpanzer der Dopplerwand… Mal schauen, in wieweit sich Wunsch und Wahrheit decken wird. Der Blick von unten lies schon auf eine schwere und kompakte Linie hoffen.

Nach dem Ok der Ersteinstiegsgebärer legten wir Hand an. Also Haulbag gepackt und wie es sich für wanderfreudige Kletterer gehört, der Gondl trotzend, traten wir den Fußmarsch Richtung Einstieg an. Dort angekommen setzte sich die Erstbegehungsraupe in Bewegung, unersättlich auf der Suche nach Neuland.

Bis zum vorletzten, schon vorhandenen, Haken ging’s noch einigermaßen flott, dann steckte noch ein Haken von unseren Freunden, der uns, so viel sei gesagt, die Vergänglichkeit minderwertigen Materials leider zu deutlich vor Augen führte. Die Herausforderung, die wir zweifelsohne suchten, begann.
Die letzten Meter bis zum gewünschten Stand waren die steilsten der Tour. Ein Keil da, ein Cliff dort, “eine” Schweißperle hier und schon bohrte ich den ersten Stand dieser Länge… Jeah. Ein “schon” darf in diesem Zusammenhang nicht missverstanden werden, aber Zeit ist doch ohnedies sehr relativ und in diesem Fall vor allem relativ egal. Eine Erstbegehung ist einfach relativierend. Man klettert relativ langsam, ist relativ unentspannt und man ist relativ angespannt was der nächste Griff wohl so zu bieten hat. Genau das macht solche Unternehmen relativ spannend und relativ unterhaltsam.

Wir arbeiteten uns genügsam wie ein Esel und begierig wie eine Raupe die Wand empor, immer auf der Suche nach den ersehnten Schwachstellen, den möglichen Placements für Cliffs, Friends oder Finger. In dem ständigen Widerspruch aus Wunsch nach Herausforderung auf der eine Seite und Wunsch nach Sicherheit auf der anderen Seite, ging’s nach Oben.
Geführt von der Logik einer kletterbaren Linie ging’s leicht links querend empor. Nach drei bisher eher ernüchternden Ständen fanden wir eine wahre Liegewiese, die zum Verweilen einlud.

Am vierten Tag standen wir zwar mit nur mehr sieben Haken, jedoch mit umso mehr Motivation, zwei Seillängen unter dem Ausstieg. Haushalten war angesagt, aber das gehört doch momentan ohnedies zum guten Ton. Sparsam ging’s über rauhesten Kalk dem ersehnten Ziel entgegen.
Den letzten Bolt hoben wir, wie ein Gläubiger seine Jungfräulichkeit, für den wirklich richtigen Moment auf. Einen Meter unter dem Ausstieg war es soweit, es kam noch einmal eine knackige Stelle, der “richtigste” Moment, die letzte Hülse zu versenken. Nach den letzten Wiesenmetern und einem freudigen Latschengewürge, standen wir inmitten des Latschenplateaus und bekamen die letzten Sonnenstrahlen ins Gesicht geklatscht… Einfach geil.

Beim Auschecken einige Tage danach kann festgehalten werden, dass: durch die Steilheit der Wand ein bierkastengroßer Stein von ganz Oben ohne Felsberührung, jedoch mit umso verheerenderer Bodenberührung, auf dem Wanderweg aufschlägt und ein nicht zu vernachlässigendes Wandererrisiko darstellt, es sich auch bei Bohrarbeiten lohnt, das normale Kletterhandling nicht außer Acht zu lassen und Seile irgendwo zu sichern und zu guter Letzt kann festgehalten werden, dass es sich um eine anhaltend “schwere” und 210m lange Kletterei handelt, welche auf ihren roten Punkt wartet und durchaus zum Zugreifen einlädt.

Möchtest du selbst mal eine Route einbohren / erstbegehen?
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Fakten:

210m, 7 Seillängen Schätzungsweise: 8a,7b+,7c, 7c, 7a, 7a+, 7b
Näheres siehe >TOPO